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Professor Dr. Ernst Klingmüller

* 29.09.1914 in Berlin
† 10.05.2006 in Köln

Direktor des Instituts von 1961 bis 1983




Lebensstationen von Professor Dr. Ernst Klingmüller

Zum 85. Geburtstag von Professor Dr. Ernst Klingmüller

Der Gründer des Instituts für Versicherungsrecht der Universität zu Köln und erster Inhaber des dafür errichteten zivilrechtlichen Lehrstuhls, Professor Dr. phil. Ernst Klingmüller (seit 1982 emeritiert), vollendet am 29. September 1999 das 85. Lebensjahr.

Nach Beendigung seiner orientalischen Studien mit dem Titel "Dr. phil." widmete er sich dem Studium der Rechtswissenschaften, das er 1943 – im Alter von erst 29 Jahren – mit der Habilitation und anschließender Dozentur an der Humboldt-Universität Berlin abschließen konnte. Diese fand allerdings schon früh 1945 mit der Auflösung der Universität ein jähes Ende. Seine akademische Laufbahn konnte er erst durch Umhabilitierung 1952 an der Universität Karlsruhe – allerdings in kleinerem Rahmen – fortsetzen. In der schwierigen Zeit des Neuanfangs war er zunächst im Außen- und Innendienst eines Versicherungsunternehmens tätig, ehe er 1955 die Leitung des Verlages Versicherungswirtschaft sowie die Schriftleitung der Zeitschriften "Versicherungswirtschaft" und "Versicherungsrecht" übernahm. Letztere hat er über seine Emeritierung (1982) hinaus bis 1989 redaktionell betreut.

Im Rahmen der 1961 voll aufgenommenen Lehrtätigkeit widmete er sich vor allem dem Haftungsrecht in seinen verschiedenen Disziplinen wie insbesondere dem Arzt-Haftungsrecht und seiner versicherungsrechtlichen Deckung. Ein weiterer Schwerpunkt seiner akademischen Tätigkeit war die Untersuchung der Beziehung des Islam zum Gedanken der Versicherung, wobei ihm dabei nicht nur seine profunden Kenntnisse des islamischen Rechts, sondern auch seine arabischen Sprachkenntnisse und Kontakte halfen. Bei seinen Gastprofessuren und Vorträgen in Ländern des Nahen Ostens sammelte er gutes Anschauungsmaterial, das er in seinen zahlreichen wissenschaftlichen Veröffentlichungen und in Seminaren an der Universität zu Köln entsprechend verarbeitete. Zur Abrundung seiner Erfahrungen und ständig darum bemüht, mit den Studenten seiner Vorlesung in einen Dialog einzutreten, der Wissenschaft, Praxis und Rechtsprechung miteinander verbindet, übernahm er für etwa zehn Jahre die Stelle eines Oberlandesgerichtsrates am Versicherungssenat des OLG Koblenz.

Nach seiner Emeritierung hielt er ab 1988 als Honorarprofessor an der Universität Karlsruhe im Rahmen eines dort neu geschaffenen Studienganges für einige Semester Vorlesungen im Versicherungsrecht. Die Zahl von über hundert in- und ausländischen Doktoranden zeugt von einer intensiven Betreuung, zugleich aber auch internationalen Bekanntheit, ebenso wie die Diplomarbeiten von Absolventen der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Köln, an der er bis Mitte 1999 sein Fachgebiet für zwei Jahrzehnte wahrgenommen hat. Seiner Einladung folgten nicht nur viele internationale Gastprofessoren.

Noch im hohen Alter von 83 Jahren begab er sich auf Vortragsreisen zu namhaften Universitäten in Japan (Tokio und Kioto) sowie Korea (Seoul), um die Grundlagen des deutschen und europäischen Versicherungsrechts darzustellen. Noch heute ist Professor Dr. Klingmüller Mitglied des Direktoriums des Deutschen Orient-Institutes und des Vorstandes der Deutsch-Ungarischen-Juristenvereinigung. Ende 1997 gründete er – gemeinsam mit namhaften nationalen und internationalen Juristen – die Gesellschaft für Arabisches und Islamisches Recht, deren Vorsitz ihm übertragen wurde.

 

Nachruf auf Ernst Klingmüller

Der erste Erste Vorsitzende der Gesellschaft für Arabisches und Islamisches Recht, Professor Dr. Ernst Klingmüller, Oberlandesgerichtsrat a.D. und Honorarprofessor an der Universität Karlsruhe, ist am späten Nachmittag des 10.5.2006 in seinem Haus in Köln nach kurzer Krankheit verstorben. Er wurde am 18.5.2006 auf dem Friedhof in Köln-Rodenkirchen beigesetzt.

Ernst Klingmüller, geboren in Berlin am 29.9.1914, war einer der wenigen deutschen Juristen, die auch Islamwissenschaft studiert hatten. Er besaß gründliche Kenntnisse im Arabischen, Hebräischen und Syrischen. Bereits als Primaner hat er begonnen, Arabisch zu lernen. Er studierte dann an der Universität Berlin Rechtswissenschaft und Orientalistik und wurde bereits 1936 im Alter von nur 22 Jahren in Berlin zum Dr. phil. mit einer Dissertation über Die Geschichte der Wafd-Partei promoviert. Sein Doktorvater war der bedeutende Orientalist Richard Hartmann (1881 - 1965). Ernst Klingmüller war danach bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges Referent für die arabische Welt im Forschungsamt des Reichsluftfahrtministeriums. Zu jener Zeit habilitierte er sich nebenher 1943 an der Auslandswissenschaftlichen Fakultät der Universität Berlin mit einer völkerrechtlich-politikwissenschaftlichen Arbeit über Die Korrespondenz zwischen Sir Henry McMahon und dem Scherifen von Mekka, Husain. Ende des Jahres 1944 wurde er an der Berliner Universität zum Privatdozenten ernannt. Ein Manuskript dieser ihm in den Wirren des Kriegsendes 1945 verloren gegangenen Arbeit hat die Berliner Islamhistorikerin Dr. Ludmilla Hanisch vor rund vier Jahren (2002) auf meine Bitte in einem Berliner Archiv ermittelt, so dass ich ihm dann zu seiner nicht geringen Überraschung eine Kopie überreichen konnte.

Zum 1.10.1961 wurde Klingmüller als ordentlicher Professor für Versicherungsrecht, Bürgerliches Recht und Handelsrecht an die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln berufen und nahm im Wintersemester 1961/62 seine Lehr- und Forschungstätigkeit auf. Neben seinen üblichen Lehrverpflichtungen auf den einschlägigen Gebieten des deutschen Rechts begann er bereits in seinem ersten Kölner Semester mit Vorlesungen und Seminaren auf dem Gebiet des islamischen Rechts. Er setzte diese Aktivitäten dann gemeinsam mit seinem Jahrgangskollegen Erwin Gräf (1914 - 1976), dem damaligen Direktor des Kölner Orientalischen Seminars, bis zu dessen frühem Tod fort. Danach hielt er Lehrveranstaltungen über islamisches Recht mit dem Gräf-Schüler Abdoldjawad Falaturi (1926 - 1996) auch über seine Emeritierung im Jahre 1982 hinaus. Hinzu kamen umfangreiche Gastvorlesungen u.a. in einer Reihe an nah- und mittelöstlichen Universitäten, die er teilweise auf Arabisch hielt.

Bis zum Jahre 1995 hat er regelmäßig über Probleme des islamischen Rechts publiziert. Dies umfasst u.a. Veröffentlichungen über den Legalitätsgedanken im islamischen Recht (1962), über die Entstehung und Wandlung rechtlicher Traditionen im islamischen Recht (1980), Die frühislamischen Bibliotheken und die Jurisprudenz (1985) bis hin zur Bewertung der Fertilisation im islamischen Recht (1995). Der Schwerpunkt seiner Veröffentlichungen lag - für einen Versicherungsrechtler selbstverständlich - im Bereich des Verhältnisses der Sharî'a zum Institut der Versicherung, worüber er sich in mehreren Beiträgen (1957, 1958, 1967 und 1986) geäußert hat. Insoweit stand er in der Tradition des großen italienischen Islamwissenschaftlers Carlo Alfonso Nallino (1872 - 1938).

Auf der Gründungsversammlung der Gesellschaft für Arabisches und Islamisches Recht am 24.10.1997 in Bonn wurde er zum Ersten Vorsitzenden unserer Gesellschaft gewählt und hat sie vier Jahre mit Engagement und großer Freude geleitet. Von 2001 bis 2003 war er anschließend Vorsitzender des Kuratoriums der GAIR.

Der Tod Professors Klingmüller reißt eine große Lücke. Er hat, wie in der von ihm selbst formulierten Todesanzeige zu lesen ist, "ein langes, turbulentes Leben voller Mühe und Arbeit, jedoch auch voller Lebensfreude und großer Vitalität" geführt. Professor Klingmüller hat sich um die Universität zu Köln und deren Rechtswissenschaftliche Fakultät in Forschung und Lehre sowie um die Erforschung des islamischen Rechts in Deutschland große Verdienste erworben. Wir nehmen in tiefer Trauer Abschied von einem besonderes liebenswürdigen und tatkräftigen Menschen und ideenreichen Gelehrten.

Einzelheiten über sein Leben und Werk können in der Laudatio von Krüger, Ernst Klingmüller zum 85. Geburtstag, in Ebert (Hrsg.), Beiträge zum Islamischen Recht, Frankfurt (Verlag Peter Lang) 2000, 11 - 23, und in dem Festheft "Professor Dr. Ernst Klingmüller zum 90. Geburtstag am 29.9.2004 - Grußworte und Ansprachen", Karlsruhe (Verlag Versicherungswirtschaft) 2004, nachgelesen werden.

Prof. Dr. Hilmar Krüger, Universität zu Köln

 

Nachruf von Rektor und Senat der Universität zu Köln

 

Klingmüller-Stiftung

Der am 10.05.2006 verstorbene Kölner Universitätsprofessor und Gründungsvorsitzende der Gesellschaft für Arabisches und Islamisches Recht e.V. (GAIR), Dr. Ernst Klingmüller, hat letztwillig die Klingmüller-Stiftung errichtet. Der Zweck der Stiftung ist aufgrund ihrer Satzung die Förderung der Forschung auf dem Gebiet des Rechts in den islamischen Staaten. Gefördert werden können Dissertationen oder Magisterarbeiten über klassisches islamisches Recht, das Recht der orientalischen Staaten (basierend auf welcher Quelle auch immer), Rechtsfragen in den Staaten, in denen aufgrund interpersonaler Rechtsspaltung für Muslime islamisch geprägtes Recht gilt sowie Entwicklungen im Hinblick auf die Rechtsstellung von Muslimen in der westlichen Welt.

Der Stiftungszweck soll verwirklicht werden z.B. durch Druckkostenzuschüsse, durch die Bezuschussung von Forschungsreisen oder die Gewährung von zeitlich begrenzten monatlichen Stipendien für einen Zeitraum von maximal zwei Jahren.

Die Stiftung ist als gemeinnützig anerkannt und wurde unter der Nr. 06/83 am 12.04.2007 in das Stiftungsverzeichnis des Landes Nordrhein-Westfalen eingetragen. Das Stiftungsvermögen wird vom Notariat Dr. Ralf Tönnies (Köln) verwaltet.

Für nähere Informationen und Anträge auf Förderung wenden Sie sich bitte an Professor Dr. Hilmar Krüger, Institut für internationales und ausländisches Privatrecht der Universität zu Köln, 50923 Köln; Tel. 0221 / 470 2660, Fax 0221 / 470 5129 [E-Mail].